Irlich liegt am Rhein. Ein Zustand der grundsätzlich als Glückfall bezeichnet werden könnte. Denn der Rhein als natürliche Verkehrsschlagader sorgte frühzeitig dafür, dass die hier lebenden Bauern und Fischer regen Handel treiben konnten. Ansonsten war das kleine Irlocha jedoch noch mehr oder weniger Provinz. Dies sollte viele Jahrhunderte so bleiben. Selbst Neuwied, erst 1653 gegründet, stand schnell besser da. Von entscheidender Bedeutung war für den Fortschritt der Verkehrsverhältnisse der Bau der ersten festen Landstraße im Jahr 1836/37, wo die Chaussee von Neuwied – Engers in Richtung Linz fortgeführt wurde. Dies war der erste Teil der neu geplanten Verkehrsverbindung zwischen Beuel und Niederlahnstein.
Karte von 1703 (Quelle: Archiv Rolf Wienen)
27 Jahre zogen aber noch ins Land, ehe die rechtsrheinische Talstraße durchgehend fertiggestellt war. Jetzt erst konnten die Händler, ohne die beschwerlichen Anstiege im Westerwald, am Rhein entlang reisen. Linksrheinisch war dies bereits seit der Römerzeit möglich. Allerdings mussten Neuwieder Kaufleute zuvor mittels einer Gier Ponte die Rheinseite wechseln. Zusätzlich zum Straßenbau kam recht schnell auch die Eisenbahn. Hier konnte 1869/70 die Bahnstrecke fertiggestellt werden und mit Fahr/Irlich auch einen Haltepunkt vorweisen. Nachdem die Strecke 40 Jahre später höhergelegt wurde, war die Rheinschiene nun auch nicht mehr so störanfällig durch die häufig auftretenden Hochwasser. Und trotzdem blieb das rechte Rheinufer zunächst eher verkehrstechnisch Diaspora.
Am Ufer selbst gab es keine weiteren gut befestigten Verkehrswege. So wurde zu dieser Zeit die Strecke Frankfurt - Köln durch den Westerwald geführt. Seit dem Jahr 1601 ist eine regelmäßige Reitpostlinie der beiden Städte durch den Westerwald belegt. Knapp 150 Jahre später gab es hier endlich auch Postwagen. In der Zeit davor hatten Irlicher nur die Möglichkeit, Post in Andernach oder Bad Breisig weiterbefördern zu lassen. Aber erst der Verlust des linken Rheinufers, durch die Besetzung der Franzosen, zwang die Thurn- und Taxis-Postverwaltung dazu, auf die rechte Rheinseite auszuweichen. Aber es blieb weiterhin schwierig. Postwagen verkehrten zunächst ab 1801 nur zwischen Neuwied und Ehrenbreitstein. Spätestens 1804 allerdings war dann auch der rechtsrheinische Postverkehr erschlossen, sodass auch Irlich an das Postnetz angeschlossen wurde. Doch der verkehrstechnische Aufschwung verlor zehn Jahre später, durch die Befreiung der linksrheinischen Region, wieder an Bedeutung. Die Fahrpostlinie wechselte aber auch aufgrund des mangelhaften Weges in der ersten Jahreshälfte 1814 wieder die Rheinseite. So dauerte es bis zum 01. Dezember 1819, ehe rechtsrheinisch der Postverkehr erneut zum Leben erweckt wurde.
Karte 1800 (Quelle: Archiv Rolf Wienen)
Politisch gehörte die Rheinregion seit 1816 zu Preußen, die in den drei Jahren bestrebt waren, schnell eine staatliche Postverwaltung zu erstellen. Diese starteten dann im Dezember 1819 mit einem Postwagenverkehr. Zweimal die Woche verkehrte eine Kutsche zwischen Neuwied und Bonn. In Neuwied gab es Anschlussverbindung nach Koblenz und von Bonn in Richtung Köln. Diese Verbindung wurde immer weiter ausgebaut. Ab 1834 wurden täglich Kutschen mit bis zu acht Sitzplätzen eingesetzt. Drei Stunden dauerte zum Beispiel eine Fahrt zwischen Neuwied und Linz. Irlich war hier aber noch nicht einmal als Haltepunkt vorgesehen. Mit Leutesdorf, Rheinbrohl und Bad Hönningen gab es nur drei Stationen, wo Personen zu oder aussteigen durften. Mit der Zeit gelang es, den Linienverkehr weiter auszudehnen. Nur 18 Monate nach der Eröffnung konnte ohne Umstieg von Bonn bis nach Koblenz gereist werden. Allerdings hatten die Postkutschenlinien auch Konkurrenz durch die Personenschifffahrt erhalten. Diese diente in dieser Zeit noch mehr dem Alltagsbedarf als einem Freizeitvergnügen. Dies entdeckte auch die Post, die fortan rund ein Jahrzehnt lang auch die Dampfschifffahrt zur Beförderung von Postsendungen nutzte. Erst die Eröffnung der Eisenbahnlinie im Juli 1870 beendete den Postkutschenverkehr. Die Eisenbahn hatte bereits 1858 linksrheinisch eine Linie eröffnet. Zwölf Jahre später wurden dann alle Postposten auf der rechtsrheinischen Seite aufgelöst.
Der Ausbau des Straßenverkehrs gestaltete sich dagegen zähflüssig. Die Rheinstrecke, die u.a. durch Irlich hindurch führte, war in einem desolaten Zustand. Auf der engen Provinzialstraße, die bekanntlich in Teilen durch die heutige Kurtrierer Straße führte, konnten keine zwei Fuhrwerke nebeneinander passieren. Und durch die regelmäßigen Hochwasser sah man in dieser Zeit auch wenig Bedarf dies umzubauen. Erst mit dem Autozeitalter kam langsam Bewegung in den Straßenbau. So wurde bereits 1911, beim Neubau der Wiedbrücke, die Straßenführung geändert. Die Provinzialstraße führte nun an der Bahntrasse vorbei. Noch heute kann man teilweise die Geländer des alten Straßenverlaufs am Ortsausgang von Irlich erkennen. Diese Wegführung war so etwas wie der Startschuss für den weiteren Ausbau des rechtsrheinischen Straßennetzes. In den folgenden fünf Jahrzehnten gab es immer kleine Neuerungen. Der entscheidende Schritt erfolgte wohl 1964, als die neue, breite und vor allem gradlinige Straßenbrücke neben dem Bahndamm eingeweiht werden konnte. Somit führte der Durchgangsverkehr endlich nicht mehr, wie schon seit fünf Jahren in Neuwied, durch den Ortskern. 1959 war dort die neue Umgehungsstraße der B42 freigegeben wurden. Bis zu diesem Zeitpunkt schob sich der Fernverkehr in Richtung Bonn über die 1939 eröffnete Langendorfer Straße durch das Stadtgebiet.
Trotzdem blieb die Strecke weiter störanfällig, denn Hochwasser gab es immer wieder. Fahr und Irlich waren auf der Rheinschiene immer die ersten Ortsbereiche die „vollliefen“. Erst mit der Höherlegung der B42 Mitte der 80ziger Jahre entschärfte sich diese Problematik. So stören heute nur noch extreme Hochwasser den Verkehrsfluss auf unserer Rheinseite.
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