Irlich am Rhein, du bist mein ganzer Stolz allein!
Mein Mägdelein will ich in deinen Mauern frein.
Frohsinn und Scherz und ein treues Herz,
zeichnen deine Menschen aus, mein Irlich am Rhein.
Diese Textzeilen aus dem Heimatlied von Heinrich Langenbahn, geschrieben kurz nach dem Krieg unter den Eindrücken des zu über 80 Prozent zerstörten Ortes, umschreiben wohl am besten die Menschen in der Gemeinde Irlich. Rheinischer Frohsinn, gemischt mit ein wenig Verschmitztheit, einer gesunden Fähigkeit zur Eigenironie und einer innigen Heimatliebe. So ist der Irlicher in seinem Innersten. Geprägt wurde der Menschenschlag von harter Arbeit und zahlreichen Schicksalsschlägen. Irlich wurde in seiner Geschichte oft zum Zankapfel der Konfessionen, war Keil zwischen verfeindeten Gutsherren, gebeutelt von zahlreichen Hochwassern bis hin zur fast totalen Vernichtung durch Kriege, wie in den Jahren 1944/45.
Foto: Facebookseite Irlich am Rhein
Und trotzdem verloren die Einheimischen nie ihre Zuversicht. Das rheinische Grundgesetz ist dem Irlicher in die Wege gelegt. (Text wohlgemerkt „en Ehrlicher Mundart un net off Kölsch“). „Ed ess wie ed ess.“, also „den Tatsachen ins Auge sehen“ heißt es da. Oder „Ed kümd, wie ed kümd“, also „hab keine Angst vor der Zukunft“. Diese Lebensweisheiten prägten die Irlicher. Das ganze gewürzt mit einem Schuss Humor und Eigenironie, wie man auch an der gerne erzählten Geschichte des Eisenbahnverlaufs am Rheinufer erkennt. Auf die Frage, warum die Bahn denn auf der Höhe von Fahr eine langgezogene Kurve verlaufe, antworten die Einheimischen mit einem Schmunzeln wie aus der Pistole geschossen: „Damit der Lokführer dort erkennen kann, ob auch noch alle Waggons des Zugs anhängen“. Irlich galt in der Frühzeit als kleines diebisches Bergvolk. Sich selbst nicht so ernst nehmen und optimistisch in die Zukunft sehen ist eben eine der positiven Eigenschaften des Irlichers. Oder wie im § 5 zu lesen ist „Ed bleivd nix wie ed woe“. Auf hochdeutsch: Sei offen für Neuerungen.
Rund 5.200 Menschen leben aktuell am Zusammenfluss von Rhein und Wied. Wenn man eine Ortsgeschichte umschreibt, stellt sich zunächst die Frage, wo man anfängt. Denn eines ist sicher: Bereits vor der ersten urkundlichen Erwähnung von „Irlocha“ im Jahre 1022 gab es Menschen, die am Rhein-Wied Eck lebten. Wahrscheinlich gab es hier sogar schon zur Jungsteinzeit (3000 bis 1800 v.Chr.) kleine Ansiedlungen in denen Mensch und Tier eine Behausung fanden. Die Besiedlung war allerdings sehr dünn, der Mensch entwickelte sich in dieser Epoche nur sehr langsam weiter. In den folgenden Jahrhunderten sorgte die Erfindung der Bronze für einen großen Fortschritt. Mit ihr gelang es nun vor allem Werkzeuge, Waffen aber auch Schmuck herzustellen. So war nun auch Ackerbau möglich, was eine Verdichtung der Besiedlungen ermöglichte. Die Kelten übernahmen den Handel und hatten hier über rund 300 Jahre ihre Blütezeit. Sie betrieben bereits zu dieser Zeit Handel mit Produkten aus Eisen, die sie durch ihre Schmiedekunst gestaltet hatten. Diese Blütezeit endete jedoch mit der Eroberung der Region durch die Römer. Mit dem Einfall von Cäsars Legionen war es mit dem Frieden in unseren Gebieten vorbei.
Als die Römer an den Rhein kamen, fanden sie eine wirtschaftlich gut entwickelte Region vor, mit einer Geldwährung und Handelsbeziehungen bis zum Mittelmeerraum. Dies nutzten sie weidlich aus. Unter anderem aber sorgten sie auch für den Aufbau einer Infrastruktur, vor allem der Ausbau der Straßenverbindungen stand hier ganz oben in der Prioritätenliste. So war Koblenz, als zentraler Mittelpunkt, Wegbereiter für die Strecken nach Köln, Mainz oder auch Trier. Das römische Reich hatte bald ein überregionales Straßennetz von mehr als 300.000 Kilometern. Aber auch der Brückenbau wurde vorangetrieben, wobei die Truppen hier immer wieder zurückgedrängt wurden. Cäsar musste erkennen, dass man Germanien nicht zu einer römischen Provinz machen konnte. Die Germanen kannten keine Städte und keine befestigten Stützpunkte. Zwar konnten die Römer die Dörfer dort plündern und zerstören, man konnte die Bewohner töten oder versklaven, aber erobern konnte man das Land nicht. Die Germanischen Kämpfer zogen sich in die Wälder und in unwegsames Gelände zurück. So blieb es meist bei einem kurzen Intermezzo. Der römische Feldherr Tiberius verbot später diese sinnlosen Versuche, Germanien zu einer römischen Provinz zu machen. Trotzdem gehörte der größte Teil des Verbandsgemeindegebietes Bad Hönningen in dieser Zeit zu der von den römischen Truppen besetzte Region in unserer Heimat. Endgültig abgehakt wurde das Thema dann 254 nach Christus. Die Germanen und Franken überrannten in breiter Front den Limes und zwangen die Römer endgültig zur Aufgabe des rechten Rheinufers. Der Einmarsch der Franken sorgte allerdings auch für chaotische Zustände, die eine dauerhafte Besiedlung verhinderten. „In ihrem großen Römerhass werden sie von einer im heutigen Irlich bestehenden Siedlung nicht allzu viel übriggelassen haben“, schrieb unter anderem Lehrer Martin Eul in seiner verfassten Ortschronik. Erst Ende des fünften Jahrhunderts setzte langsam eine rückläufige Entwicklung ein. Die ersten Vorläufer der heutigen Orte entstanden. Fränkische Bauern bevorzugten den fruchtbaren Boden des Neuwieder Beckens und des Rheintals. Allerdings blieb bei der Besiedlung des Rheintals das Westerwaldgebiet noch meist außen vor. Straßen gab es dort kaum. Eine der ältesten Verbindungen verlief über Anhausen und Dierdorf, ehe diese auf die wichtigste Fernverbindung in dieser Zeit zwischen Köln und Frankfurt traf. Somit blieb in der Region alles insgesamt beschaulich.
Ihren Lebensunterhalt verdienten sich die Menschen hier durch Ackerbau und Viehzucht, in Irlich aber auch durch Fischfang und den Weinbau. Die Römer hatten die Kunst des Weinbaus an den Rhein gebracht. Wein galt als Medizin gegen Verdauungsbeschwerden, Impotenz und Unfruchtbarkeit. Für die Römer hing der Kindersegen also am Weingenuss. Da der Transport aus den südlichen Ländern einerseits sehr kostspielig und mühselig war, andererseits die römischen Soldaten aber ohne Wein nicht leben wollten, begann man hier in der Region an Rhein, Mosel, Ahr und im Mündungsbereich der Wied mit dem Traubenanbau. Noch heute kann man die Weinbergterrassen der Irlicher an den Ufern der Wied zwischen dem Mündungsbereich und Niederbieber erkennen. Somit ist diese Kunst nun bereits rund 2000 Jahre hier angesiedelt und hat, nach einer etwa 110 Jahren andauernden Unterbrechung aus mangelnder Wirtschaftlichkeit, mittlerweile wieder Einzug gehalten. Unterbrochen wurde der Weinbau aber in diesen 2.000 Jahren auch noch von einem Verbot von Kaiser Domitian, der 92 n.Chr. den Anbau untersagte, weil es nicht genug Anbaufläche für Obst und Getreide gab. Dieses Verbot hielt rund 200 Jahre. Erst Kaiser Probus hob dieses Gesetz wieder auf, was ihm noch heute durch ein Denkmal, welches in Bad Godesberg steht, gedankt wird.
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